Bei der jährlichen WTO-Beschaffungskonferenz der BFH Bern im 2023 wurde ein wichtiges Thema angesprochen, das mich neugierig gemacht hat: Warum reichen bei IT-WTO-Ausschreibungen oft die gleichen – und immer weniger — Anbieter qualitativ gute Angebote ein?
Diese Entwicklung sorgt bei vielen ausschreibenden Stellen für Frustration. Doch woran könnte das liegen, und wie lässt sich die Vielfalt der Anbieter fördern? Beim 28. Beschaffungs-Roundtable der BFH Bern haben wir im September 24 dieses Thema gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen beleuchtet und diskutiert.
Als Basis für das interaktive Podium haben wir den Ablauf des Beschaffungsprozesses (Offenes Verfahren des BBL) analysiert. Unser Ziel war es, die Teilnehmenden ein wenig «aufzurütteln», zu inspirieren und zu neuen Ansätzen anzuregen. Ich denke, das ist uns mit der Diskussion gelungen.
Ein herzliches Dankeschön an Magdalena Koj (Ti&m), Anna-Katharina Burri (Schneider Rechtsanwälte), Legi Hubler (Leiter CC WTO Armasuisse) und Karen Benett (Benett & Bill Moderation) für ihre Beiträge zum Podium.
Die Beschaffungs-Roundtables bieten Fach- und Führungskräften mit Beschaffungsverantwortung eine ideale Plattform, um Herausforderungen zu besprechen und voneinander zu lernen. Der Austausch findet in einem inspirierenden Rahmen statt – und wird beim anschliessenden Apéro weiter vertieft.
Unsere Erkenntnisse: So kann der Anbietermarkt gefördert werden
Für die Diskussion haben wir den Ablauf des Beschaffungsprozesses (Offenes Verfahren des BBL) analysiert und dabei folgende «HotSpots» identifiziert und mit den Teilnehmenden besprochen und vertieft:
1. Bessere Vorbereitung durch Marktabklärungen
Ein Sinnvoll gestalteter RFI (Request for Information) hilft, den Markt besser zu verstehen und Anbieter frühzeitig einzbinden. Dabei sollte die Problemstellung klar beschrieben und Fragen wie diese gestellt werden:
- Wer hat ein ähnliches Problem schon gelöst?
- Wie seid ihr vorgegangen?
- In welchem Kostenrahmen bewegen wir uns?
Fazit: Kommunikation und Austausch mit dem Markt im Vorfeld fördern.
2. Flexiblere Kriterien für Ausschreibungen
Bei Zertifikaten und Weiterbildungen sollte genau überlegt werden, was wirklich notwendig ist. Unspezifische Anforderungen (z.B. «HERMES für Entwickler:innen») können Anbieter unnötig ausschliessen. Hilfreich sind Formulierungen wie «oder ähnlich» oder «angelehnt an…».
3. Effizientere Kommunikation während der Ausschreibung
Anbieter brauchen ausreichend Zeit, um ihre Angebote zu erstellen – besonders, wenn Fragen auftreten. Ein festgelegtes «one way»-Verfahren (Fragen bis X, Antworten bis Y) schränkt den Austausch ein und erhöht das Risiko, dass Anbieter sich gegen eine Teilnahme entscheiden.
Empfehlung: Mehrere Fragerunden und laufende Beantwortung von Fragen.
4. Transparenz nach der Ausschreibung
Was haben ausschreibende Stellen bei der Offertöffnung zu verbergen?
- Protokolle und Evaluationsberichte: Diese sollten offengelegt werden, damit Anbieter daraus lernen können.
- Debriefings: Ausschreibende Stellen sollten offen für Verbesserungsvorschläge sein und Anbieter herausfordern, Schwächen anzsprechen.
Fazit: Transparenz und gute Rückmeldungen stärken Vertrauen und ermöglichen allen Beteiligten, sich zu verbessern.
5. Vertragliche Umsetzung
Rahmenverträge ohne garantierte Volumina können Anbieter entmutigen ein Angebot einzureichen, da sie keine Planungssicherheit erhalten. Solche Verträge sollten mit Bedacht eingesetzt werden, um die Vielfalt im Anbietermarkt nicht zu gefährden.
Schlusswort: Vielfalt durch besseren Austausch fördern
Unsere Diskusssion hat gezeigt: Die Förderung der Anbietervielfalt erfordert mehr Transparenz, bessere Kommunikation und flexiblere Prozesse. Beschaffungsrunden wie der Roundtable der BFH Bern bieten eine wertvolle Plattform, um diese Themen gemeinsam voranzutreiben.