5. Jan 2018

Thomas Schuoler

Digitalisierer

Fast täglich erscheinen neue Tools und Softwarepakete auf dem Markt für Business- und Branchenlösungen. Ist damit die Zeit der Individualsoftware für die Lösung komplexer Problemstellungen vorüber? Oder erlebt sie als Gegenbewegung zur Standardisierung vielmehr eine Auffrischung? 

Die grossen und teilweise marktbeherrschenden Anbieter von Branchenlösungen, ERP und CRM verfolgen seit Jahren die Strategie, möglichst viele Unternehmen auf ihren Standard zu bringen und auf diese Weise eine langfristige Bindung zu erreichen, aus der es kaum noch ein Entrinnen gibt. Sind die eigenen Prozesse einmal auf den Standard angepasst, ist der Lösungsanbieter am längeren Hebel und gibt das seinen Kunden durch steigende Lizenzgebühren, Upgrade-Zwänge und stark reduzierte Flexibilität zu spüren.

Hinzu kommen neue dynamische Anbieter von bunt angepriesenen Cloud-Lösungen. Der Markt wird aufgemischt, die Vielfalt unüberschaubar. Progressive Unternehmen sind mutig vorangegangen und versuchen anstelle von monolithischen Standardlösungen mit vielen kleinen Apps aus der Cloud ihre spezifischen Anforderungen abzudecken. Das Zusammenspiel zwischen diesen Einzellösungen wird zu einer fehleranfälligen Herausforderung.

Der Einsatz von Standardlösungen ist dort immer noch sinnvoll, wo Standardprozesse möglichst effizient und austauschbar abgewickelt werden müssen. Diese Lösungen haben jedoch ihre Grenzen und lassen der Individualität eines Unternehmens nur wenig Spielraum. Auch können die Hersteller von Standardlösungen nicht rasch auf Kundenwünsche reagieren, weil immer die gesamte installierte Basis berücksichtigt werden muss.

Im Gegensatz dazu lassen sich eigene Geschäftsmodelle, besondere Dienstleistungen oder spezifische Wettbewerbsvorteile nur mit Individualsoftware optimal bewirtschaften und effizient beherrschen. Reaktionen auf sich ändernde Gegebenheiten, das Ausnützen einer neuen Nische oder Einsparungen durch Prozessoptimierung können mit Individualsoftware schnell realisiert werden. Durchgängige Digitalisierung ohne Medienbrüche ist damit möglich. Seinen Marktvorsprung oder den Wettbewerbsvorteil behalten, eine bessere Kundenbindung sind die erwünschten Ergebnisse.

Und wenn der Anbieter der Individualsoftware in der Region tätig ist, die gleiche Sprache spricht, schnell vor Ort ist und man die Leute gleich persönlich kennt:  die neue Geschäftsidee ist viel schneller am Markt, Kurskorrekturen sind rasch umgesetzt, der Erfolg von anderen Faktoren abhängig.

Individualsoftware hat – nicht zuletzt auch dank der Verbindung mit neuen Innovationsmethoden – eine Auffrischung erlebt und stellt eine gesunde Gegenbewegung zur Standardisierung dar.

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