Das Thema «Nachhaltigkeit» ist zurzeit in aller Munde. Alle und alles soll nachhaltig werden – Produkte, Nahrungsmittel, Dienstleistungen, Mobilität. Und Software. Also sind wir als Firma, Arbeitgeberin und Softwareentwicklerin auch gefordert, unseren Beitrag zur Nachhaltigkeit der Branche zu leisten. Offiziell sind wir dank dem kürzlich erworbenen Ecovadis-Rating sogar überdurchschnittlich gut unterwegs. Doch was hat das eigentlich zu bedeuten? Ist Edorex nun tatsächlich «nachhaltig»? Eine Einordnung aus der Sicht meines vor ein paar Jahren absolvierten CAS in «Eco Economics – Nachhaltige Wirtschaft».
Die Erreichung des Ecovadis-Ratings besteht in erster Linie daraus, sich in dem sehr breit gefassten Fragebogen zurechtzufinden. Für Edorex als Softwareentwicklerin müssen wir für das Rating die Bereiche Umwelt, Arbeits- & Menschenrechte, Ethik und Nachhaltige Beschaffung abdecken. Abdecken heisst: zu jeder Frage müssen wir unsere Antwort mittels Dokumentation eines Prozesses, einer Richtlinie, internen Regelung, eines Audits oder eines Zertifikats belegen. Ecovadis kann nur Aussagen prüfen, die nachweisbar dokumentiert und belegt sind. Für uns als KMU bedeutet dies einen überdurchschnittlich hohen Zeitaufwand, um im Rating gut abzuschneiden. Bei Grossfirmen lohnt es sich eher, einen Prozess für jede Eventualität zu beschreiben. Bei uns treten viele Eventualitäten zu selten oder nie ein, als dass es einen spezifischen Prozess dafür bräuchte. Dennoch bedeutet dies aber keinesfalls, dass wir als KMU weniger nachhaltig unterwegs sind.
Wir haben nun beim ersten «Silver Sustainability Rating» den 77. Prozentrang erreicht. Heisst das nun, dass Edorex «nachhaltig» ist? Nein. Würden wir das behaupten, würde ich sagen: «Greenwashing!»
Aber vielleicht lohnt es sich, das Thema anhand eines illustrativen Beispiels (Hinweis: private Ferienflüge sind nicht Teil des Ecovadis-Ratings!) zu vertiefen: Es ist gerade Ferienzeit, viele – auch einige unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – erreichen weit entfernte Destinationen mit dem Flugzeug. Und dies obschon inzwischen fast jede und jeder weiss, dass der Flugverkehr in der Schweiz der wichtigste Treiber der Klimaerhitzung ist (Quelle: WWF Schweiz, https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/flugverkehr ). Googelt man «nachhaltiger fliegen», erscheinen Resultate von Fluggesellschaften, die uns weismachen wollen, dass ein Flug dank diverser Massnahmen «nachhaltig» wird. Würden wir nun also auch unsere Ferienaktivitäten in das Ecovadis-Rating mit aufnehmen (siehe nochmals den Hinweis weiter oben), erhielten wir nur dann eine positive Umweltbewertung, wenn es eine interne Regelung gibt, dass jede Flugreise mit CO2-Kompensation gebucht werden muss. Damit hätten wir aber keinen einzigen Flugkilometer vermieden. Unser Ansatz muss überall dort, wo wir einen direkten oder indirekten Einfluss nehmen können, ein anderer sein. Wir müssten uns im diesem Beispiel Fragen stellen wie: «Wie erreichen wir, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Familien ganz aufs Fliegen verzichten?» Damit würden wir zwar auch eine positive Bewertung im Rating erhalten (vorausgesetzt, es gibt Dokumente oder Belege darüber), aber wir hätten der Umwelt auch einen wirklichen Dienst erwiesen durch den Verzicht auf Flugkilometer. Doch wie gesagt: private Ferienflüge sind nicht Teil des Ecovadis-Ratings.
Unser Ziel bis zur nächsten Überprüfung durch Ecovadis – wo wir notabene besser abschneiden wollen – muss eine tatsächliche Verbesserung sein. Wir müssen ermitteln, wo wir uns verbessern können. Was können wir zur Vermeidung oder Reduktion von CO2 tun? Wo ändern wir unser Verhalten, damit nachhaltige Dienstleistungen und Produkte (sofern es das überhaupt gibt) gefördert werden? Wo wenden wir die Suffizienz-Strategie an, was lassen wir weg? Was tun wir, damit wir achtsam miteinander umgehen? Womit können wir die Diversität fördern? Noch mehr Nährboden für persönliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schaffen? All diese Schritte und Aktivitäten erfordern ein hohes Mass an Initiative und Durchhaltevermögen. Nichts, das jemand alleine stemmen kann, nur gemeinsam gelingt es. Bei Edorex haben wir dafür die Sustainability Community gegründet und das Thema somit strategisch verankert.
Denn es gibt viel zu tun: einerseits müssen wir Massnahmen definieren und umsetzen, die tatsächlich in einem oder mehreren Bereichen (Umwelt, Arbeits- & Menschenrechte, Ethik und Nachhaltige Beschaffung) zu einer markanten Verbesserung führen und andererseits schaffen wir die zugrundeliegenden Prozesse, Reglemente, Messwerkzeuge oder Richtlinien. Letztere, um unsere Massnahmen gegenüber Ecovadis nachvollziehbar zu belegen und in ein internes Controlling zu überführen – und wenn als Nebeneffekt ein besseres Rating herausschaut, nehmen wir das gerne.