Bei der Edorex hat jedes Team die Möglichkeit, einmal pro Jahr ein sog. Team-Labor durchzuführen. Während einer ganzen Woche darf das Team Neues entdecken, ein anstehendes Problem angehen, eine Geschäftsidee entwickeln oder einfach eine scheinbar geniale Idee im Team umsetzen. Im Januar hat sich das Smarties-Team für eine Woche zurückgezogen und als erstes Ideen gesammelt. Folgendes waren die selbst gesteckten Ziele:
- Eine Lösung entwickeln, die zur Nachhaltigkeit beiträgt
- Eine nützliche Idee umsetzen, welche Mehrwert bringt und die jeder versteht
- Mit Low-Code/No-Code eine App entwickeln und diese in den App-Store bringen
Die Idee
Schnell einigte sich das Team darauf, eine App zu entwickeln, über die man unter Freunden unkompliziert und unbürokratisch ein Auto teilen kann. Man soll es für eine Fahrt reservieren und die gefahrenen Kilometer gemäss Absprache verrechnen können.
Mittels «Crazy 8» Brainstorming-Methode hat jedes Team-Mitglied Lösungsansätze skizziert und beschrieben. Anschliessend hat das Team die dabei entstandenen Ideen diskutiert und gemeinsam eine App konzipiert.
Der Prototyp
Manuela, die UX Designerin im Smarties-Team, hat das Konzept als Prototyp in Figma abgebildet. Anschliessend wurde der Prototyp im Team getestet und kommentiert. Folgende sind die Hauptanforderungen an die App «Auto teilen mit Freunden»:
- Ein User muss sich anmelden und ein neues Passwort setzen können
- Es soll nicht nur ein Auto geteilt werden können, sondern es sollen mehrere Autos von Freunden zur Auswahl stehen
- Der Status des Autos (besetzt, reserviert oder verfügbar) sollte ersichtlich sein
- Man kann das Auto via Kalendereintrag reservieren
- Man kann die Anzahl gefahrener Kilometer eingeben
- Man kann Feedback über die Sauberkeit des Autos geben
- Man kann Hinweise zum Tankvolumen (voll oder halbleer) machen
- Übersicht der Fahrten und Kostenzusammenstellung
- Kostenverwaltung
Low-Code und No-Code Tools
In einem nächsten Schritt hat das Team den Figma Prototyp auf verschiedene Low Code/No Code-Plattformen übertragen. Per Drag-and-Drop werden Komponenten zusammengefügt und mit Schnittstellen (APIs) von Drittanbietern vereint. So kann man in der Ideation-Phase oder bei einem Design Sprint in kürzester Zeit einen nutzbaren Prototyp erstellen und diesen mit Benutzer:innen testen.
Auf der Suche nach der optimalen Mischung aus Low-Code-Tool, handgeschriebenem Code, Services aus der Cloud und Ausbau- und Anpassungsfähigkeit hat das Team drei Tools ausführlich getestet. Hier findet ihr die wichtigsten Erkenntnisse dazu:
ADALO
Für mich als erfahrener Entwickler ist besonders beeindruckend, dass ich ohne eine einzige Zeile Code zurechtgekommen bin. Was ich mit 0 Vorwissen zu Adalo in 30h erreicht habe, ist viel mehr als ich mir je vorstellen konnte. – Marc Thomann
Pro:
- Prototyp kann ohne Code Kenntnisse gebaut werden.
- Datenmodellierung ist so einfach wie Excel.
- Sehr einfaches Deployment in Apple Store und Google Play Store.
Contra:
- Berechnen von Werten ist mühsam zu implementieren und komplexere Szenarien fast nicht abbildbar.
- Datenschutz eingeschränkt
- Unzureichende Datenvalidierung
POWER APPS
Die App fühlt sich etwas träge und eckig an. Für interne Business Applikationen, welche keinen grossen Anspruch auf UX haben und kleinere Daten Mengen verarbeiten, kann Power App ein gangbarer Weg sein – quasi der Nachfolger von Access! – Gian Rüegsegger
Pro:
- Die Standard-Komponenten könnten mithilfe eines Figma Templates grafisch angepasst werden.
- Hosting in der Schweiz (Azure Switzerland Location)
Contra:
- Nicht responsive, d.h. fixe Seitenverhältnisse für alle Endgeräte
- Steile Lernkurve; mindestens leichte Programmiererfahrung mit Excel Formeln erforderlich.
- Keine Kollaboration möglich.
APPERY.IO
Nach drei Tagen Entwicklung mit Appery.io werde ich den Eindruck nicht los, dass Ionic Vorkenntnisse (bzw. Apache Cordova oder jQuery Mobile, falls man sich für eines dieser Frameworks entscheidet) fast ein Muss sind, um sich in dieser Plattform wohlzufühlen. – Mathias Rudolf
Pro:
- Built-in Support für Apache Cordova, Ionic und jQuery Mobile
- Es können hybride Mobile Apps, Web Apps und PWAs erstellt werden
- Sehr mächtig, da von einfachem Drag&Drop bis hin zu eigenem Schreiben in Typescript, SCSS etc. alles möglich ist.
Contra:
- Einzelne Akionen können nicht rückgängig gemacht werden.
- Durch die schier endlosen Möglichkeiten ist die Einstiegshürde eher gross. Vermeintlich einfache Aktionen dauern plötzlich Stunden.
- Unangekündigte Plattform Updates führen zu Entwicklungs-Unterbrüchen (mehrfach)
Fazit
Bei allen Tools gibt es eine initiale Lernkurve, aber es ist erstaunlich, was man in kurzer Zeit entwickeln kann! Während mit Figma-Prototypen bereits Vieles möglich ist, können grundlegende Formular-Interaktionen weiterhin nur schlecht oder umständlich getestet werden. Mit No Code/Low Code-Lösungen hingegen lassen sich echt anmutende Apps erstellen und realistischeres Feedback einholen. Gerade für Design Sprints, MVPs und Innovationsprojekte, bei denen es drum geht, schnell auf dem Markt bzw. mit echten Kund:innen zu testen, sehen wir hier grosses Potential.