Das Missverständnis
Die Reaktionen, wenn ich jemandem erzähle, dass ich mich bei Edorex um das User Experience Design (UX Design) kümmere, ist vielfach:
“Achso”
Stille
“Und was macht man da den ganzen Tag?”
oder
“Ah, Grafische Oberflächen designen, also Pixel herumschieben. Also quasi UI Designer.”
Meistens ist meine weiterführende Erklärung etwa folgende:
“Als Verantwortlicher des User Experience Designs bin ich quasi der Anwalt der Benutzer, die ein Produkt oder eine Dienstleistung verwenden, beispielsweise ein Softwareprogramm. Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass die Benutzer-Bedürfnisse und das gewünschte positive Benutzer-Erlebnis berücksichtigt werden.”
Das ist eine wage Formulierung, aber aus meiner Sicht genügt sie, weil sie das Wichtigste auf den Punkt bringt.
“‘Design’, das ist einfach, das kann doch jeder.”
Ich habe oft den Eindruck, dass das Wort Design in der heutigen Zeit von vielen falsch verstanden wird. Es wird nur ein Teil eines riesigen Spektrums mit dem Wort Design verbunden, zumindest in der deutschen Sprache. In der englischen Sprache wird der Begriff etwas differenzierter betrachtet, was folgendes Video zeigt:
Design ist viel umfassender, als die meisten wissen. Design ist überall und bezieht sich nicht nur auf Malstifte, Farben und Papier. Design kann enorm komplex sein. Design ist in erster Linie ein Entwurf eines Plans mit Spezifikationen für Produkte oder Systeme, aber auch für Aktivitäten in einem Prozess. Ein Prototyp kann ein Produkt aus einem Designprozess sein, um designte mögliche Lösungen zu testen und zu validieren.
Wo gibt es User Experience?
User Experience wird vielfach nur in der Software-Branche (Dienstleistungsgüter) gesucht, jedoch kann User Experience auch in anderen Bereichen gefunden werden, z.B. in der Strassenplanung* (Öffentliche Güter) oder bei der geteilten Waschküche** (Private Gebrauchsgüter). Korrekterweise müsste man also sagen, dass User Experience überall stattfindet, bewusst und unbewusst.
* Das Erlebnis eines Velofahrers (oder auch eines Autofahrers) kann in einer grösseren Stadt sehr unangenehm sein. Immer muss man aufpassen, dass man auf einer grossen Kreuzung nicht angefahren wird oder dass einem der Vortritt abgeschnitten wird. Städte bauen zunehmend ihre Velowege um oder verlegen diese, damit dem Velofahrer eine sichere Fahrt, aber auch ein besseres Erlebnis geboten werden kann.
** In einer Schweizer Waschküche verwenden bekanntlich mehrere Personen die selben Maschinen und das Erlebnis von Hygiene oder Funktionalität ist in jedem Haus anders. Wir haben bei uns beispielsweise in der Corona-Krise einen digitalen Waschplan (Web-App) eingeführt. Somit muss keine Papieragenda mehr geführt werden und die Verwendung des Bleistiftes fällt auch weg. Das ist hygienischer und zudem kann man neu die Waschküche reservieren, ohne in der Waschküche sein zu müssen.
Was ist nun also User Experience Design und was für Leute verantworten es?
Folglich bezeichnet User Experience Design das Entwerfen von Produkten & Dienstleitungen in einem Designprozess, bei gleichzeitigem Erkennen und Beachten von Benutzer-Bedürfnissen sowie der Sicherstellung des gewünschten positiven Benutzer-Erlebnisses.
User Experience Design wird in erster Linie von kreativen Menschen ausgeführt. Dies muss nicht zwingend heissen, dass diese Personen eine grafische oder technische Ausbildung haben. Es kann gut sein, dass die Personen, die sich um User Experience Design kümmern, einen Abschluss in beispielsweise Psychologie, Architektur oder Wirtschaftswissenschaften (Marketing, Wirtschaftsinformatik, Business Innovation u.v.m.) mitbringen.
Ich denke, man kann gut sagen, dass User Experience Design von emphatischen Menschen betrieben wird, welche die Fähigkeit besitzen, einen Schritt zurückzustehen und andere Perspektiven einzunehmen, bestehende Strukturen zu hinterfragen und neue Wege zu gehen.
Warum es sich immer lohnt!
User Experience Design lohnt sich immer, weil z.B. in regelmässigen Abständen von den Endbenutzern Rückmeldungen eingeholt werden und somit sichergestellt wird, dass man nicht an den Benutzerbedürfnissen vorbeischiesst. Zu Beginn reicht dazu möglicherweise die Entwicklung eines einfachen Prototyps, welcher um ein Vielfaches günstiger ist als eine teure Softwareentwicklung, um damit falsche Annahmen aus dem Weg zu räumen und mehr Informationen über die Benutzerbedürfnisse zu erhalten.
Es gibt viele Beispiele aus der Privatwirtschaft, bei welcher auf User Experience Design und somit Prototypen sowie die Evaluierung von Bedürfnissen verzichtet wurde.
Swatch hatte beispielsweise 2015 eine Volleyball-Smartwatch entwickelt, welche unter anderem verschiedene Smashes (Arten von Spiel-Schläge auf einen Ball) unterscheiden konnte. Zudem liess sich die Uhr via Bluetooth mit dem Smartphone zwecks Datenauswertung verbinden. Eigentlich eine interessante Sache.
Die Bedienung der Uhr und der Smartphone App waren so kompliziert, dass das Produkt leider ein teurer Flop wurde. Folgendes Video zeigt wie die Uhr bedient werden kann.
Was beinhaltet User Experience Design bei Edorex?
Bei Edorex haben wir fünf User Experience Designer*innen, das ist viel für eine Firma mit knapp 50 Mitarbeitenden, denn es gibt noch wenige Spezialist*innen in dieser Domäne, weil dieser Berufszweig in Europa eher jung ist. User Experience Designer*innen decken bei uns folgendes Spektrum ab:
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User Research
Das Generieren von neuen Erkenntnissen zu einem bestimmten Sachverhalt mittels primärer (neue Daten/Interviews aus dem zu erforschenden Sachverhalt) und sekundärer (bestehende Daten aus ähnlichen Sachverhalten) Recherche
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Design Thinking (& Design Sprints)
Die Einrahmung eines Problems bzw. der Bedürfnisse von Menschen, das finden/erarbeiten von möglichen Lösungen und das anschliessende Validieren von testbaren Prototypen mit richtigen Benutzern
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Informationsarchitektur
Das Strukturieren und gruppieren von Informationen, um die intuitive Benutzung zu fördern
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Prototyping & Testing
Die Erstellung von Prototypen, welche primär die wichtigste Funktion abbilden, damit diese anschliessend getestet werden können
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User Interface Design
Die Ausarbeitung einer grafischen Benutzeroberfläche, die schliesslich technisch im eigentlichen Produkt umgesetzt wird
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Usability Testing
Das regelmässige Testen auf Brauchbarkeit des entwickelten Softwareprodukts durch Endbenutzer
Wie wird User Experience Design bei Edorex angewendet?
Bei Edorex arbeiten wir nach dem agilen Vorgehensmodell Scrum, weil wir damit das Risiko in kleine Happen einteilen und somit besser kontrollieren können. Zudem sind wir in Iterationen unterwegs, wobei eine Iteration zwei bis drei Wochen dauert. Zudem wenden wir die sich wiederholende Lean Startup Methode “Bauen-Messen-Lernen” an.
Und eigentlich müsste man sogar erwähnen, dass wir Lean User Experience Design bei Edorex integriert haben. Alles was wir tun (Bauen), wird mit Usability Tests oder Qualitativen Befragungen ausgewertet (Messen) und die Erkenntnisse (Lernen) daraus werden in die nächste Iteration integriert.
Auf diese Weise können wir ideal auf Veränderungen (z.B. neue Bedürfnisse oder Veränderungen am Kunden-Markt) reagieren, aber auch unsere Annahmen validieren und somit rechtzeitig und kostengünstig das Kundenprojekt in die richtige Richtung lenken.
User Experience Design ist von Anfang (Erster Kundenkontakt) bis Schluss in ein Projekt involviert. Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Kunden mit uns zusammen erfolgreich sind, ohne die Bedürfnisse ihrer Benutzer aus den Augen zu verlieren.
Fazit
User Experience Design bedeutet für mich, ähnlich zum Anwalt, für den Benutzer und dessen Bedürfnisse einzustehen. User Experience Design ist allgegenwärtig und entscheidet darüber, ob ein Produkt (z.B. Uhr) oder eine Dienstleistung in einem Kontext (z.B. Uhrenmarkt) erfolgreich ist oder nicht. Prototypen vermeiden in den meisten Fällen riesige Fehlschritte und daraus resultierende hohe sowie unnötige Entwicklungskosten.
Bei Edorex kontrollieren wir mittels Agiler Methoden das Risiko und gehen zusammen mit unseren Kunden in eine erfolgsversprechende nachhaltige Zukunft. User Experience Design lohnt sich immer! Oder würden Sie etwa ohne Anwalt vor Gericht erscheinen?